Beyond Wor(l)ds: Literatur_Didaktik_Virtual Reality
39. Romanistiktag Universität Konstanz | 22.–25. September 2025
RomLab-Leitung und Kontakt
Jennifer Wengler (Leibniz Universität Hannover)
Natascha Rempel (Leibniz Universität Hannover)
Konzeptskizze
Im Sinne des Tagungsmottos „Konstanz und Wandel: Romanistik und neue Technologien“ schreibt sich das RomLab „Beyond Wor(l)ds: Literatur_Didaktik_Virtual Reality” in eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Digitalisierung ein und sucht nach einer innovativen Verbindung von neuer Technologie, romanistischer Philologie und dem Lernen romanischer Sprachen. Das RomLab „Beyond Wor(l)ds“ wagt im Zeichen der Digital Humanities (vgl. u. a. Simanowski 2016) auf explorative Weise, eine Brücke zwischen Wissenschaft, Technologie und Kunst zu schlagen. Mittels virtueller Realität soll im Kontext der Romanistiktage 2025 eine neue Rezeptionsform von Texten und damit eine erweiterte
Lern- und Lektüreform erprobt und zum horizonterweiternden Gemeinschaftserlebnis werden. Neben einem Informationsstand, der anschauliche Einblicke in bisherige Erfahrungen mit virtueller Realität im Kontext universitärer Lehre in der Didaktik sowie der Literatur- und Kulturwissenschaft der romanischen Sprachen gibt, soll einer Gruppe von 20-30 Teilnehmenden die Möglichkeit eröffnet werden, literarische und künstlerische (Text-)Welten im Rahmen eines Workshops virtuell zu erleben und so das Medium Virtual Reality (VR) in einem für die Romanistik relevanten neuen Kontext zu erfahren.
Virtual Reality ist eine digital erzeugte sensorische Erfahrung, die mittels dreidimensionaler Darstellungen über stereoskopische Brillen erzeugt wird (vgl. Franchi 1994; Wengler 2021). VR zeichnet sich durch eine Verknüpfung von Interaktion, Immersion und Imagination aus (Burdea/Coiffet 2003: 3ff.) und bietet daher besonderes Potenzial, soziokulturelle Themenkomplexe zu veranschaulichen und erfahrbar zu machen.
Das RomLab richtet sich in erster Linie an Literatur- und Kulturwissenschaftler:innen und
Didaktiker:innen, die mit diesem Medium bisher wenig in Kontakt gekommen sind. Anhand von Best-Practice-Beispielen werden Anregungen für die eigene Forschung und deren Vermittlung gegeben, indem aufgezeigt wird, wie klassische Lernszenarien und Textanalysen mittels neuer Technologien partizipativ und kreativ erweitert werden können.
Die Leiterinnen des RomLabs greifen bei der Konzipierung und Durchführung des RomLab auf ihre praktischen Erfahrungen in Forschung und Lehre mit dem Medium VR zurück, die sie bisher im Rahmen von vier verschiedenen Projekten sammeln konnten: An der Leibniz Universität Hannover wird Virtual Reality seit 2022 aktiv im Kontext des Spanischstudiums, zunächst im Bereich der Didaktik, seit 2024 auch in den Literatur- und Kulturwissenschaften in der Lehre eingesetzt und als (Lern-)Methode erforscht. Das Projekt „Virtual und Augmented Reality und ihre Potenziale für den Spanischunterricht“ (SoSe 2022-SoSe 2023, Wengler) hat die Möglichkeiten, Risiken und Grenzen von Virtual Reality für den
Fremdsprachenunterricht Spanisch in Form eines Didaktikseminars mit Forschendem Lernen analysiert (vgl. hierzu Wengler 2024 und im Erscheinen). Ergebnisse aus der begleitenden wissenschaftlichen Erhebung zeigen, dass Lehramtsstudierende das besondere Potenzial von VR für die Förderung interkultureller und kommunikativer Kompetenzen hervorheben, speziell die Schaffung von authentischen Kommunikationssituationen und die Aneignung kultur- und länderspezifischen Wissens (vgl. Wengler 2024).
2024 folgte das zwischen Literaturwissenschaft und Didaktik angesiedelte Forschungs- und Lehrprojekt „Traspasar Fronteras: Viajes y Migración a través de la Literatura y la Realidad Virtual“ (SoSe 2024, Rempel/Wengler). Im Fokus der projektbegleitenden Lehrveranstaltung („Travesías transareales − exploraciones virtuales: Reisen, Transfer und Migration in spanischsprachigen TextVRelten und 360°“; SoSe 24, Rempel) standen literarische Produktionen verschiedener spanischsprachiger Regionen, die Raum-, Grenz- und Migrationserlebnisse fokussierten und damit Geschichten hinter den kalten Statistiken von Mobilitäten sichtbar werden ließen. Um das besondere Immersionspotenzial dieser Texte
fruchtbar zu erweitern, begaben sich die Teilnehmenden − über die Textdiskussionen hinaus − mithilfe von ausgewählten digitalen VR- und 360°-Medien in ähnliche wie in den Texten behandelte Szenarien oder Konflikte. In der virtuellen Realität erlebten sie literarisch bearbeitete Themen und/oder Ereignisse nach und wurden so noch stärker für die Beweggründe und Hürden unterschiedlicher Migrationsgeschichten und -modi sensibilisiert.
Ferner wurde die literarische bzw. filmische und digitale Handlungskompetenz der Studierenden im Rahmen eines kreativen studentischen Projektes geschult und Multiliteracies (vgl. Matz/Wilden 2016, Becker/Blell 2018) gefördert. Die Teilnehmenden des Seminars nutzten die Methode des (erweiterten) Digital Storytelling (vgl. Wengler 2023), um literarische Texte mithilfe von 360°-Kameras zu inszenieren und so die literarischen Migrationsgeschichten für den Kurs (in Bearbeitung bzw. Erweiterung) über VR erlebbar werden zu lassen. Die künstlerische Auseinandersetzung mit gesellschaftskritischen Literaturen bespiegelte kulturübergreifende Konflikte räumlicher Bewegungen, leitete eine aktive Reflexion des Zeitgeschehens ein und eröffnete durch den multimodalen (Projekt-)Zugriff neue Diskurs- und Erinnerungsräume, die auch im Rahmen des RomLab thematisiert werden sollen.
Es folgt das Kooperationsprojekt „Beyond Wor(l)ds 360°: Globales_Literarisches_Lernen“ (WiSe 2024-SoSe 2025, Rempel/Wengler). In diesem wird die erarbeitete Methode auf ein größeres Themenspektrum ausgeweitet. Dieses Projekt kreist um die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNESCO und dem damit verbundenen Konzept des Globalen Lernens. Durch die Zusammenführung von literarischen sowie künstlerisch-aktivistischen Protestbewegungen und virtueller Realität soll Globales Lernen im Sinne des global citizenship gefördert werden, ebenso wie die literarästhetischen und digitalen Kompetenzen der Studierenden.
2023 wurden weiterhin unter Initiierung und Betreuung von Jennifer Wengler Drittmittel für das innovative studentische Projekt „VR-Bildungsbrücke“ im Rahmen des Digital Changemaker Accelerator beim Deutschen Stifterverband und der Reinhard Frank-Stiftung (vgl. Stifterverband o. J.) eingeworben, um Studierende der Philosophischen Fakultät der Leibniz Universität und Fremdsprachenlehrkräfte im Raum Hannover mit und über Virtual Reality zusammenzubringen. Das Projekt zielte darauf ab, die methodischen Kompetenzen von Lehrer:innen und Studierenden durch die Einführung von Virtual Reality in der Lehre zu erweitern und ein VR-Netzwerk für Interessierte aus dem fremdsprachenunterrichtlichen Kontext durch die Konzeption und Durchführung eines VR-Workshops in Hannover aufzubauen. Das Projekt wurde 2024 mit dem Campus Cultur Preis (CampusCultur e.V., LUH) ausgezeichnet.
All diese Erfahrungen sollen in dem RomLab „Beyond Wor(l)ds: Literatur_Didaktik_Virtual Reality” gebündelt und für die fachwissenschaftliche und fachdidaktische community präsentiert und zugänglich gemacht werden. Im Gesamten lehnt sich das RomLab in der Konzeption an den Workshop der VR-Bildungsbrücke an und versteht sich als eine Vernetzungsinitiative innerhalb der Fachgemeinschaft. Angestrebt wird dabei nicht nur eine personelle Vernetzung von VR-Interessierten, sondern auch eine stärkere Vernetzung von Literaturwissenschaft und Didaktik in den Lehramtsstudiengängen sowie die Vernetzung ihrer Protagonist:innen. Mit dieser Initiative werden ihnen durch know how-Transfer neue Wege in Forschung und Lehre aufgezeigt.
Neben einer theoretischen Einführung in VR und der Darstellung von Best-Practice-Beispielen für die Hochschullehre − u.a. über eine interaktive 360°-Homepage −, zeichnet sich das RomLab dadurch aus, dass die Teilnehmenden über VR-Brillen Virtual Reality selbst erfahren und erproben können. Dies geschieht u.a. anhand der von den Studierenden der Leibniz Universität produzierten 360°-Videos. An die praktische Workshop-Phase schließt eine Diskussion an, in der das Potenzial von VR für die Literaturwissenschaft und Didaktik fachgebietsübergreifend erörtert und ein Ideenaustausch für die Gestaltung von Forschung und Lehre unter Einbezug von VR angeregt werden soll. Die Diskussion würden wir, sofern alle Teilnehmenden einverstanden sind, gerne mit einer 360°-Kamera aufzeichnen und (ausschnittweise) für die gesamte Fachcommunity auf der Projekthomepage des DigiRomLab
des Romanischen Seminars der Leibniz Universität veröffentlichen.
Anmeldung
Interessierte melden sich bitte unter dem Stichwort „RomLab3 Romanistiktag Konstanz 2025“ mit Angabe Ihrer Fachdisziplin und einer kurzen Stellungnahme zu Ihren Erwartungen an den Workshop bis zum 1.6.2025 bei wengler@romanistik.phil.uni-hannover.de oder rempel@romanistik.phil.uni-hannover.de an.
Die Teilnahmeplätze sind begrenzt. Bei der Platzvergabe wird auf ein ausgewogenes Verhältnis der vertretenden Fachbereiche und Statusgruppen geachtet. Eine Bestätigung der Anmeldung sowie die konkreten Workshopzeiten werden Ihnen im Sommer 2025 mitgeteilt.
Fachgebiete der RomLab-Leiterinnen
Didaktik der romanischen Sprachen, romanistische Literatur- und Kulturwissenschaften
Bibliographie
Becker, C.; Blell, G. (2018). „Multimedia Narratives – Digital Storytelling and Multiliteracies.” In: Anglistik
(29/1), 129-143.
Franchi, J. (1994). „Virtual reality: An overview.” In: TechTrends (39/1), 23-26.
https://doi.org/10.1007/BF02763870.
Matz, F.; Wilden, E. (2016). „Die Entwicklung narrativer und audiovisueller Kompetenzen durch selbsterstellte Videoclips: (Multi-)Literacies Pädagogik im Fremdsprachenunterricht.” In: Blell, G.; Becker, C.; Rössler, A. (Hg.): Web 2.0 und komplexe Kompetenzaufgaben im Fremdsprachenunterricht. Frankfurt
am Main: Peter Lang, 187-202.
Simanowski, R. (Hg.) (2016). Digital Humanities and Digital Media. Conversations on Politics, Culture,
Aesthetics and Literacy. London: Open Humanities Press.
Wengler, J. (im Erscheinen). „Beurteilungsraster für Virtual-Reality-Anwendungen im
fremdsprachenunterrichtlichen Kontext.” In: k:ON − Kölner Online Journal für Lehrer*innenbildung (8).
Wengler, J. (2021). „Rêver les yeux ouverts? Virtual und Augmented Reality und ihre Potenziale.” In:
französisch heute (52/3), 37.
Wengler, J. (2023). „Digital Storytelling: Potenziale für den Spanischunterricht.” In: Bär, M.; Arriagada, M.; Gropper, A. (Hgs.): Diálogos en el aula – Digitales Lehren und Lernen als Schnittstelle für die
Kompetenzförderung im Spanischunterricht (=Romanische Sprachen und ihre Didaktik). Stuttgart:
Ibidem, 209-234.
Wengler, J. (2024). „Einschätzungen von Lehramtsstudierenden zu Augmented und Virtual Reality als Medium im Fremdsprachenunterricht Spanisch.” In: Franke, M.; Höfler, E.; Lachmund, A.-M.:
Spanischunterricht ¡¿digital?! Inter@aktion, Interdisziplinarität, Intertextualität im Blick. Berlin: Frank
& Timme, 149-172.
Stifterverband (o.J.): „DigitalChangeMaker Accelerator.” Ein Programm des Stifterverbandes und der Reinhard Frank-Stiftung zur Transformation der digitalen Hochschulbildung,
https://www.stifterverband.org/digitalchangemaker-accelerator (Zugriff am 31.05.2024)